Herbstliche Pflanzfläche in Nussdorf
Planungsgruppe informiert über den Umgang mit Stauden und Blütenstängeln im Herbst
Immer wieder werden wir in den vergangenen Tagen darauf angesprochen, warum die im Bürgerprojekt angelegte Pflanzfläche an der Vaihinger Straße in Nussdorf zunehmend verblüht und die Anzahl langsam austrocknender Stauden überwiegt. Dies liegt in der Natur der Sache und zeigt uns nur, dass der Herbst mit großen Schritten ins Land kommt, auch wenn die derzeitigen Temperaturen einen anderen Eindruck erwecken. Oft wird vorgeschlagen, die verblühten Stauden doch nun endlich zurückzuschneiden und die Pflanzfläche „einfach mal aufzuräumen“.
Die Pflanzfläche wird in diesem Jahr noch vom Obst- und Gartenbauverein Nussdorf sorgsam gehegt und gepflegt. Warum in diesem Zusammenhang nicht „einfach mal aufgeräumt“ wird, wollen wir heute etwas näher beleuchten.
Stauden, die in einer naturgemäßen oder naturnahen Pflanzfläche existieren, sollen im Spätsommer oder Herbst nicht einfach zurückgeschnitten werden. Dies hat mehrere gute Gründe, die sowohl ökologische als auch ästhetische Aspekte umfassen. Die Stauden und Pflanzenstängel haben eine ökologisch wichtige Funktion:
Die trockenen Stauden und Blütenstängel sind eine lebensnotwendige Überwinterungshilfe für Insekten. Viele Insektenarten, darunter Schmetterlinge, Wildbienen und Käfer, nutzen die vertrockneten Stängel und hohlen Halme von Stauden als Unterschlupf und Überwinterungsort. Durch den Rückschnitt würde man diesen Tieren ihre Winterquartiere nehmen.
Auch Vögel, die sich in der Nähe der Pflanzfläche aufgrund des reichen Nahrungsangebotes niedergelassen haben, profitieren nun von der herbstlichen Pflanzfläche.
Die Samenstände von Stauden sind auch im Winter eine wichtige Nahrungsquelle für sie. Besonders Körnerfresser wie Finken oder Meisen profitieren von den übriggebliebenen Samen.
Laub- und Pflanzenreste bieten kleinen Säugetieren wie Igeln sowie Amphibien wie Fröschen und Kröten Schutz vor Kälte und Fressfeinden.
Die Planungsgruppe des Bürgerprojekts hat bereits bei der Auswahl der Pflanzen im vergangenen Herbst großen Wert darauf gelegt, dass möglichst viele Stauden mit dekorativen Samenständen oder Strukturpflanzen wie Gräsern gepflanzt werden. Diese bieten auch im Winter einen ansprechenden Anblick. Raureif oder Schnee auf den Pflanzen können schöne, ästhetische Effekte erzeugen, die die Pflanzfläche auch in den kalten Monaten lebendig wirken lassen.
Der nicht zurückgeschnittene Zustand betont den natürlichen, wilden Charakter eines Blühstreifens, was oft gewünscht ist, um den Eindruck einer naturnahen, weniger „gemachten“ Landschaft zu erwecken.
Die abgestorbenen Pflanzenteile zersetzen sich im Laufe des Winters langsam und tragen so zur Humusbildung bei, was langfristig die Bodenfruchtbarkeit erhöht. Durch den Verbleib der Pflanzenreste auf der Fläche werden Nährstoffe langsam freigesetzt und gelangen langsam aber beständig über Regen und Feuchtigkeit durch die sieben Zentimeter dicke Schicht des ausgebrachten Ziegelsplitts wieder in den Boden zurück.
Die poröse Struktur von Ziegelsplitt bietet Mikrohabitate für kleine Bodenorganismen, wie z.B. Insekten oder Spinnen. Diese Tiere finden in den Hohlräumen Schutz und Nahrung, was zur Förderung der Artenvielfalt im Garten beiträgt.
Fotos: Knospe
Da Ziegelsplitt die Wasserdurchlässigkeit des Bodens verbessert, kann es die Bedingungen für Pflanzen verbessern, die gut durchlässige Böden benötigen, was wiederum die pflanzliche Biodiversität fördert.
Als Mulchschicht unterdrückt Ziegelsplitt das Wachstum von unerwünschten Pflanzen, wodurch auf den Einsatz von chemischen Unkrautvernichtern gänzlich verzichtet werden kann. Dies trägt zur Schonung der Umwelt und zur Erhaltung der Boden- und Wasserqualität bei.
Die verbliebenen Pflanzenteile schützen den Boden gleichzeitig vor Erosion durch Wind und Regen. Sie wirken als Ergänzung zum Ziegelsplitt wie eine natürliche Mulchschicht, die den Boden vor dem Austrocknen schützt und gleichzeitig das Mikroklima im Boden stabilisiert.
Indem man die Pflanzen über den Winter stehen lässt, ermöglicht man eine natürliche Samenverbreitung. Manche Pflanzenarten säen sich selbst aus, was zur natürlichen Verjüngung der Pflanzfläche und zur Förderung der Artenvielfalt beiträgt.
Der Verbleib der abgestorbenen Pflanzenteile fördert ein lebendiges Bodenleben. Mikroorganismen, Pilze und kleine Tiere finden hier Nahrung und Lebensraum, was zur Bodengesundheit und damit zur Gesundheit der gesamten Pflanzfläche beiträgt.
Das „A und O“ einer „Natur-nah-dran-Fläche“ ist der reduzierte Pflegeaufwand, den sich auch alle HausbesitzerInnen zu eigen machen können, wenn sie ihre Gartenflächen nach dem Natur-nah-dran Konzept anlegen und auf die ökologisch unsinnigen Schotteranlagen verzichten.
Wer die Stauden im Herbst stehen lässt, spart sich die Arbeit des herbstlichen Rückschnitts und kann diese Aufgaben in den frühen Frühling verlagern. Dies ist oft
praktischer, da dann auch besser ersichtlich ist, welche Pflanzenteile wirklich abgestorben sind und entfernt werden sollten.
Das Satellitenbild unten zeigt die Pflanzfläche noch vor dem Umbau der Straße.
Am Ende bleibt festzuhalten: Das Stehenlassen von Stauden im Herbst ist ein ökologisch sinnvolles und gestalterisch attraktives Vorgehen, das zahlreiche Vorteile für die Pflanzen, Tiere und den gesamten Garten bietet. Es fördert die Artenvielfalt, unterstützt die Überwinterung von Tieren, schützt den Boden und bietet ästhetische Vorteile, die den Garten auch im Winter attraktiv machen. (Ralf Knospe)
Die nachfolgenden Bilder wurden uns von Beate Milerski, Lokale Agenda Eberdingen zur Verfügung gestellt
In einer bislang einzigartigen Bürgeraktion wurde vom 07. bis 09. Dezember 2023 eine entsiegelte Verkehrsfläche von einer engagierten Gruppe von Bürger*innen und Vereinen, allen voran der Obst- und Gartenbauverein, trotz denkbar schlechter Witterungsverhältnisse bearbeitet. Geht es nach den Vorstellungen der eigens eingerichteten Projektgruppe, zusammengesetzt aus Mitgliedern des Obst- und Gartenbauvereins und Vertretern des Arbeitskreises Biodiversität in Eberdingen, dann wird die Fläche entlang der Vaihinger Straße im Ortsteil Nussdorf sich schon in wenigen Monaten in eine blühende Oase naturnaher Schönheit verwandeln. Die Organisatoren, die dieses beeindruckende Projekt zusammen mit einer vielfältigen Gruppe von Gemeindemitgliedern unter Schirmherrschaft des Eberdinger Bürgermeisters Carsten Willing in die Tat umgesetzt haben, sehen das Ziel der Aktion, einen positiven Beitrag zur Umwelt und Lebensqualität in der Gemeinde zu leisten, für gelungen.
Die Initiative begann mit einer gründlichen Analyse der brachliegenden Fläche, die im Zuge von
Baumaßnahmen an der Vaihinger Straße Ende des Jahre 2022 entstanden ist. Es galt für den OGV Nussdorf den alten Baumbestand mit drei Nussbäumen zu erhalten, einen weiteren insektenfreundlichen Baum
zu pflanzen – alles getreu dem Motto „Natur nah dran“.
Der Gemeinderat hat sich damals bewusst dazu entschieden, die Verkehrsführung im Zuge der Anlage von barrierefreien Bushaltestellen so zu verändern, dass eine größere innerörtliche Grünfläche
entsteht.
Das ökologische Potenzial der Fläche wurde schnell erkannt und der Gemeinderat entschloss sich
letztendlich Endlich 2022, neue Wege bei der Gestaltung der Grünfläche zu gehen. Durch die Zusammenarbeit mit lokalen Gruppierungen, die sich dem Umwelt- und Naturschutz in der Gemeinde verschrieben
haben, entwickelte die Gruppe einen nachhaltigen Bepflanzungsplan. Fachlichen Beistand erhielt die Gruppe durch das ehrenamtliche Engagement des Mitglieds des AK Biodiversität, Frieder Weigand, der
im Hauptberuf als Gärtnermeister tätig ist.
Die Auswahl von einheimischen Pflanzenarten spielte eine zentrale Rolle, um die lokale Biodiversität zu fördern und ökologische Ausgewogenheit zu gewährleisten.
Die Aktion begann mit der Pflanzung eines „Speierlings“, gleich zu Beginn des Jahres. Der Speierling ist eine Pflanzenart aus der Gattung der Mehlbeeren innerhalb der Familie der Rosengewächse. Er gilt als Wildobstbaum und ist als Wildgehölz eine der seltensten Baumarten in Deutschland. 1993 wurde er wegen seines rückläufigen Bestandes zum Baum des Jahres gekürt.
Der eigentliche Pflanzprozess wurde zu einer gemeinschaftlichen Anstrengung, bei der Einwohner aus allen drei Ortsteilen und unterschiedlicher Altersgruppen und Hintergründe zusammenkamen. Mit Handschaufel, Handschuhen und großer Begeisterung setzten sie die Pflanzen in die Erde und schufen so ein grünes Juwel mitten in Nussdorf. Bei der Auswahl der Pflanzen wurden nicht nur ästhetische Gesichtspunkte berücksichtigt, sondern auch die ökologischen Bedürfnisse der Pflanzen und ihre Wechselwirkungen mit der Umwelt.
Die Bürgeraktion diente nicht nur als Beispiel für bürgerschaftliches Engagement, sondern auch als Modell für nachhaltige Gemeindeentwicklung. Die positiven Auswirkungen auf die Umwelt und die Lebensqualität verdeutlichen, welchen Beitrag engagierte Gemeindemitglieder leisten können, wenn sie gemeinsam für eine grünere und nachhaltigere Zukunft eintreten.
Immer wieder musste das Pflanzprojekt wegen schlechter Witterung verschoben werden. Die Geduld der freiwilligen HelferInnen wurde dadurch mehrfach auf die Probe gestellt. Letztendlich musste die Pflanzaktion durchgezogen werden.
In einer der wohl regenreichsten Wochen des Jahres galt es nun, die rund 2.300 Staudenpflanzen und mehr als 16.000 Blumenzwiebeln auszubringen, bevor der drohende Winterfrost das Vorhaben womöglich gefährdet hätte.